Wenn ich einmal ein Rentner wär.
Wenn ich einmal ein Rentner wär‘
Mit wohlgefüllter Truhe,
Dann hätt‘ ich keine Sorge mehr,
Als die für meine Ruhe.
Dann würd‘ ich ringsum auf der Welt
Diejenige Stadt erfragen,
Die für das kleinste Steuergeld
Sorgt‘ für mein größt‘ Behagen.
Und wenn ich die gefunden hätt‘ –
Natürlich wär’s Wiesbaden –
Ließ meine Köchin und mein Bett
Ich gleich dahin verladen.
Geehrt, wie hier der Rentner ist
Bei allen Kunz und Hinzen,
Verknuspert ich als Mensch und Christ
Hier meine schöne Zinsen.
Und alles, was mich irgend stört
Im Bummel, Schlaf, Verdauen,
Dafür würd‘ ich, wie sich’s gehört,
Den Magistrat verhauen.
Die Straße müßt‘ gepolstert sein
Mit Roßhaar oder Federn,
Und alles Fuhrwerk, groß und klein,
Müßt‘ geh’n auf Gummirädern.
Die Hunde, die uneinigen,
Die müßte tot man schlagen,
Und jeder – bis auf meinigen –
Müßt einen Maulkorb tragen.
Der Leierkastenmann, der müßt‘ –
Dies wär mein erst Verlangen,
In vierundzwanzigstündiger Frist
An einem Baume hangen.
Ein Ungewitter, Blitz und Sturm,
Dürft‘ keinesfalls passieren;
Die Glocken auf dem Kirchenturm,
die müßte man wattieren.
Und wenn ich auf dem Straßendamm
Einmal den Fuß tät‘ netzen,
Dann ließ ich gleich ein „Meer von Schlamm“
Ins Tageblättchen setzen.
Und wenn ich mal mit einem Baum,
Bespitzt, karambolierte,
Dann hätt‘ ich keine Ruh‘ im Traum,
Bis ihn die Stadt rasierte.
Doch träf‘ mich dann ein Sonnenstrahl,
Dann würd‘ ich eklig werden:
„Für Schatten sorgen nicht einmal
Die städtischen Behörden!“
Er müßt‘ mir seh’n nach Aug‘ und Mund,
Aufmerksam und geduldig,
Wie ein getreuer Pudelhund –
Denn das wär er mir schuldig.
Doch spräch‘ er dann das Wörtchen: Zahl!
Dann würd‘ ich ihm was pfeifen;
Ich ließ‘ mir ein für allemal
Nicht an den Beutel greifen.
Merk‘ dir’s, mein lieber Magistrat:
Das würd‘ ich tun, auf Ehre!
Wenn ich, behüt dich Gott in Gnad‘,
Einmal ein Rentner wäre!
Ich paßte dir auf Schritt und Tritt,
Jawohl, so wär‘ ich einer;
Doch sei getrost und forcht‘ dich nit:
Ich werd‘ mein Lebtag keiner! –
(Aus: Kaspar Kögler, „Gedichte“, Wiesbaden o.J., S. 22f.)