Das Wacholdermännlein steht ohne Laut
Hoch zugeknöpft im Heidekraut;
Schaut in sich hinein in gelassener Ruh‘
Und kehrt der Welt seine Stacheln zu.

Mein unholdes Männlein, nun sag‘ mir an:
Was hat doch der Lenz dir zuleid getan?
Hast gar kein Gefühl du für Jubel und Luft?
Dann hast du am End‘ gar kein Herz in der Brust! …

Da horch, aus seinem Innern hervor
Tönt mir ein verstohlenes Gezwitscher in’s Ohr;
Und wie ich hineinseh‘, da sitzt im Geäst
Verschwiegen ein liebliches Vogelnest.

Fünf Vöglein piepsen zu mir herauf
Und sperren die hungrigen Schnäblein auf.
Doch Wacholdermännlein schließt fester sie ein
Und sticht mir erbost in die Nase hinein.

Ich reib sie mir heftig und fahre zurück
Und messe das Männlein mit freundlichem Blick:
O Himmel, wie man sich doch irren kann!
Verzeih‘ mir, due lieber Wacholdermann:

Ich hab‘ dich beurteilt nach äußerem Schein –
Jetzt hab‘ ich geseh’n dir ins Herz hinein!

(Aus: Kaspar Kögler, „Gedichte“, Wiesbaden o.J., S. 18)